Bruder Petrus Schüler

Nachrichten aus Syrien

Alle verfügbaren Kanister werden mit Benzin gefüllt.

Die Situation in Syrien ist in den letzten Monaten völlig aus den Medien verschwunden; nicht etwa, weil eine Besserung eingetreten wäre. Es liegt daran, dass alles im Land stagniert und natürlich andere Meldungen die Medien beherrschen.

Bei meinem letzten Besuch in Syrien wurde ich von den Mitbrüdern in Beirut im Libanon abgeholt und bevor wir über das Libanon-Gebirge nach Damaskus in Syrien fuhren, stand ein Besuch in einer Tankstelle an: nicht nur der Tank des Autos wurde gefüllt, auch alle verfügbaren Kanister, Flaschen und sonstige Behälter wurden mit Benzin gefüllt – denn Treibstoff ist rar, verursacht durch die amerikanisch-europäische Blockadepolitik. Nun hat sich in kurzer Zeit die Situation geändert: der einstige Stabilitätsfaktor Libanon ist buchstäblich zu einem „Brandherd“ geworden und die Libanesen versuchen nach Syrien zu kommen, um dort Benzin zu kaufen.

Die Franziskaner in den beiden Ländern sind nicht untätig, in allen Konventen wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, die Not zu lindern. In der Hafenstadt Latakia befindet sich ein Konvent, der sich besonders der zahlreichen Binnenflüchtlinge annimmt: besonders aus den Landesteilen, die in den Händen der Aufständischen sind, kamen viele Flüchtlinge in die Stadt. Auch hier stehen die Verteilung von Lebensmitteln, die Schul – und Studienhilfen, die soziale Integration im Vordergrund.

Schneiderei in Latakia (Syrien)

Die Kommissariate von Wien und München konnten in Latakia bei einem ganz konkreten Projekt helfen: das Einrichten einer Schneiderei in den Räumen der Pfarrei für verwitwete und alleinstehende Frauen. 12 Arbeitsplätze, damit 12 Nähmaschinen und 12 Frauen die damit wieder in ein selbstbestimmtes Leben mit einem gewissen Einkommen kommen. Zurzeit arbeiten diese Frauen noch an Kleidungsstücken für Kinder, denen der Krieg Eltern und Angehörige genommen hat. Später soll auch Kleidung für den Verkauf gefertigt werden, denn durch die von außen erzwungene Isolation des Landes kommen immer weniger Konsumgüter nach Syrien.

Auf dem Foto sehen Sie die junge Frau, Hind F. Sabbagh und stellvertretend soll ihre Geschichte erzählt werden.
Hind stammt aus Al Qunnieh, einem kleinen, friedlichen Dorf unweit von Idlib – diese Enklave wird von den Rebellen kontrolliert. Es war im Jahre 2013, Hind war 13 Jahre alt und spielte mit Freunden und Cousinen vor dem Wohnhaus. Täglich waren die Kinder der Nachbarschaft draußen, rannten durch die Büsche, zwischen den Bäumen – eine scheinbar unbeschwerte Kindheit. An besagtem Frühlingsmorgen im Jahr 2013 wurde Hind von einem Munitionsfragment getroffen und verlor ihr rechtes Auge. Durch die einrückenden Aufständischen wurde ihre Familie gezwungen, ihr Haus, ihre Heimat zu verlassen: Damit verlor Hind auch ihre Freunde und die unbeschwerte Kindheit endete abrupt. Von nun an lebte die ganze Familie in einem kleinen, gemieteten Raum in Latakia – nicht die besten Bedingungen für ein junges Mädchen. Dazu kommt, dass die Eltern ebenso an der Situation leiden: die Mutter gebrochen und zur Schwermut neigend, der Vater krank und nicht in der Lage, für die Familie zu sorgen. Hind versuchte aus diesem engen Gefängnis zu entkommen und suchte Arbeit in verschiedenen Geschäften, wurde jedoch immer wieder weggeschickt aufgrund Ihres schlechten Sehvermögens.

Ihr Leben änderte sich, als die Franziskaner sie fragten, ob sie nicht zu einer Gruppe von Witwen und alleinstehenden Frauen kommen möchte, alle vertrieben und allein und verantwortlich für die Familien. Anfangs war Hind sehr scheu und ablehnend – mit der Zeit aber wurde sie durch die Hilfe der Franziskaner und durch die Arbeit in der Schneiderei offener und zugänglicher und mittlerweile ist sie eine junge, fleißige Schneiderin geworden. In hellen, klimatisierten Räumen können die Frauen in Latakia sich selbst und anderen helfen.

Wir danken an dieser Stelle allen unseren Spendern und Wohltätern! Dass hier wieder 12 Frauen neuen Lebensmut schöpfen können, haben wir Ihnen zu verdanken.

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