Die Orgelpfeifen von Betlehem

  • Dr. David Catalunya bei der Arbeit an den Orgelpfeifen Bild von Kustodie des Heiligen Landes

Der sprichwörtliche „Staub der Geschichte“ hatte sich über sie gelegt – über die Metallpfeifen einer Orgel aus der Kreuzfahrerzeit: als vor über 100 Jahren Archäologen in mehreren Etappen den Untergrund der Grotten der Geburtskirche in Betlehem untersuchten, kam ein wahrer Schatz ans Licht: wertvolle liturgische, also für den Gottesdienst geschaffene Geräte wie Kerzenleuchter, kleinere Glocken, ein Bischofsstab und: eine große Anzahl von metallenen Orgelpfeifen, alles wohl verpackt und im Sand der Grotten eingegraben. Es war ein Fund, der seinesgleichen sucht: alles war bestens erhalten, weil sorgfältig im Sand der Grotten vergraben. Ein ähnlicher Fund wurde auch in Nazaret gemacht; dort waren es die wunderschönen Kapitelle die für die Kreuzfahrerkirche bestimmt waren aber wohl nicht mehr eingebaut werden konnten. Grund war die muslimische Invasion die dem Kreuzfahrerstaat ein jähes Ende setze – endgültig im Jahre 1291. Man versuchte also „alles was nicht niet- und nagelfest war“ zu retten und grub es im Sand unter der Kirche ein (Betlehem gelangte 1099 in die Hände der Kreuzfahrer).

Und nun legte sich der Staub der Geschichte auf die versteckten Dinge – es kam nicht mehr dazu, die Geräte in späteren Zeiten wieder zu nutzen, zumal auch das Wissen um diese Schätze verloren gegangen war. Und so kam es, dass auch die besagten Orgelpfeifen erst im letzten Jahrhundert wieder buchstäblich „ans Licht kamen“. Diese Pfeifen wurden fortan von den Franziskanern nach Jerusalem gebracht und später im Museum der „Flagellatio“ mit den anderen Teilen des Betlehemschatzes gezeigt. Dabei wurde eine orgelähnliche Aufstellung (Bild 2 hier einfügen) gewählt um auch den israelischen Besuchern, die ja oft keine Orgeln kannten, wenigstens eine Vorstellung von diesem für sie unbekannten Instrument zu geben.

Mit der Neuordnung der Museen der Kustodie des Heiligen Landes – ein umfangreiches Projekt welches seit Jahren schon im Gange ist und schon erste Früchte trägt – wurden diese Orgelpfeifen in das Hauptkloster St. Salvator verbracht und werden nun einer interessanten wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen, was bisher nicht möglich war. Der Experte für diese umfangreiche Arbeit ist ein spanischer Musikwissenschaftler, Dr. David Catalunya, beheimatet an der Universität Würzburg, der mit größtem Enthusiasmus in diesem Sommer an diese umfangreiche Arbeit gegangen ist. Auch wenn sich diese Arbeit der wissenschaftlichen Erforschung sehr lange hinziehen wird, kann man jetzt schon sagen, dass diese über Jahrhunderte konservierten Orgelpfeifen eine absolute Ausnahmeerscheinung bilden, denn dieses „Instrument“ könnte wohl eine der ältesten Pfeifenorgeln der Welt sein. Aber es geht nicht vordergründig um Rekorde: die Erforschung der Pfeifen bietet die einmalige Gelegenheit, etwas über die Technologie des Orgelbaues in dieser frühen Zeit zu erfahren.

Pater Stephane Milovitch OFM, Beauftragter der Kustodie des Heiligen Landes für den Teil des Museums, der im Bereich des Klosters St. Salvator entsteht, erklärte, dass diese Orgelpfeifen eines Tages den Besuchern gezeigt werden können – aber das ist noch (Orgel-) Musik für die Zukunft.

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